Der Ryder Cup – das ist Emotion, Leidenschaft, Hingabe, Aufopferung und ganz, ganz viel Erfahrung. Niemand lebt diese Eigenschaften auf dem Golfplatz mehr aus als Europas Ryder-Cup-Veteranen Lee Westwood (48), Ian Poulter (45), Paul Casey (44) und Sergio Garcia (41).
Die vier Ü40-«Oldies» führen das Team von Kapitän Padraig Harrington ab 24. September in den prestigeträchtigen Kontinentalvergleich gegen die jungen und wilden US-Boys, bei denen Dustin Johnson mit 37 Jahren schon der «Senior» im Team ist.
«Nichts ist vergleichbar mit dem Ryder Cup»
Ginge es auf dem Whistling Straits Golf Course am Ufer des Michigansees nach dem Alter, der Anzahl der gewonnenen Major-Titel oder den Positionen in der Weltrangliste, das US-Team wäre im Duell der jeweils zwölf besten Golfer aus Europa und den USA der haushohe Favorit. Die Auswahl des Gastgebers ist hochdekoriert: Neben dem Weltranglistenzweiten Johnson sollen vor allem der viermalige Major-Sieger Brooks Koepka (31), der amtierende British-Open-Champion Collin Morikawa (24), der US-Open-Sieger von 2020, Bryson DeChambeau (28), und der dreimalige Major-Gewinner Jordan Spieth (28) die goldene Ryder-Cup-Trophäe von den Europäer zurückerobern.
Gegen die erfahrenen Profis aus Europa wird das aber alles andere als einfach. «Nichts ist wirklich vergleichbar mit dem Ryder Cup. Wir geben alles, wenn wir dabei sind», sagt Routinier Westwood. Der Engländer weiß, wovon er spricht. Westwood ist zum elften Mal als Spieler beim bedeutendsten Mannschafts-Wettbewerb im Golfsport dabei, er hat schon alles hautnah miterlebt: Heldenhafte Triumphe wie 2012 beim «Wunder von Medinah» im US-Bundesstaat Illinois oder bittere Niederlagen wie 2016 im Hazeltine National Golf Club im US-Bundesstaat Minnesota.
Europäer vertrauen auf Teamgeist
Die Ü40-Fraktion aus Europa weiß ganz genau, dass das Alter im Golfsport oft nebensächlich ist. Um erfolgreich zu spielen, reicht es nicht, den Abschlag mit purer Kraft über 300 Meter weit auf das Fairway zu donnern. Eine kluge Spielstrategie ist meist viel effizienter. Wo platziere ich meinen Ball vom Abschlag aus? Wie spiele ich die Fahne am schlausten an? Wie lese ich die Wellen auf den Grüns am besten? Westwood, Garcia und Co. können das.
Zudem vertrauen die Europäer erneut auf eine ihrer ganz großen Stärken: den Teamgeist. «Das ist nichts, was wir uns erarbeiten müssen. Er ist einfach da», sagt Westwood. So wie vor drei Jahren, als sich die Europäer in Paris am Schlusstag in einen Rausch spielten und das US-Team klar mit 17,5:10,5-Punkten besiegten. Europas Stars agierten im Le Golf National als verschworene Einheit mit einem klaren Ziel vor Augen: Den Ryder Cup zu gewinnen. Die US-Stars um Tiger Woods wirkten dagegen wie auf sich selbst fokussierte Ich-AGs.
Wildcard für Spanier Garcia
Auch Spaniens Golf-Idol Garcia wuchs in der französischen Hauptstadt über sich hinaus und stellte einen Rekord auf: In neun Ryder-Cup-Teilnahmen holte der Spanier 25,5 Punkte. So viele wie kein anderer Spieler in der Geschichte des Ryder Cups. So verwunderte es keinen, dass Kapitän Harrington eine seiner drei Wildcards an den 41-Jährigen vergab. «Niemand genießt es mehr in diesem Team zu sein als Sergio», erklärt der 51 Jahre alte Nordire.
Garcias Liebe für den Ryder Cup entflammte 1995 beim Kontinentalvergleich im Oak Hill Country Club in Rochester. Der damals 15-Jährige sah sich eine Trainingsrunde seines großen Idols Severiano Ballesteros an. Europas Ryder-Cup-Held sah den jungen Sergio am Rand der Spielbahn stehen, winkte ihn zu sich und nahm ihm mit auf die Runde. «Wir redeten ein bisschen und er erklärte mir die Dinge», erinnert sich Garcia. Er sog die Atmosphäre ein, spürte die ungeheure Energie. «Ich fühlte, irgendwann muss ich ein Teil davon sein. Von diesem Moment an liebte ich es.»