Neun Jahre nach dem letzten Sieg eines deutschen Golfers auf der PGA-Tour musste Stephan Jäger bis zur letzten Sekunde zittern. Der in München geborene Profi vergab auf der 18. Bahn die Chance auf einen Birdie und ermöglichte dem Weltranglistenersten Scottie Scheffler die Gelegenheit zum Ausgleich – doch der Texaner patzte bei dem Turnier in Houston aus gerade einmal eineinhalb Metern und machte den ersten PGA-Tour-Sieg Jägers perfekt.
«Ich bin davon ausgegangen, dass er den macht. Aber ich bin überhaupt nicht sauer, dass er nicht reinging», scherzte Jäger auf der Pressekonferenz nach dem größten Erfolg seiner Karriere. «Eine Traumwoche natürlich.»
«Es ist ein großartiges Gefühl und ich freue mich sehr. Ich hätte mir kein besseres Szenario erträumen können, es am Ende gegen die Nummer eins der Welt zu schaffen – das ist ein guter Golfer», sagte er. Scheffler musste sich Rang zwei nach 269 Schlägen am Ende mit vier weiteren Golfern teilen, Jäger stand mit 268 Schlägen und einer 67er-Runde zum Abschluss ganz vorne und konnte mit seiner Frau Shelby und dem 16 Monate alten Sohn Harrison Fritz feiern. Seit Alex Cejka am 8. März 2015 hat kein deutscher Golfer mehr auf der PGA-Tour gewonnen.
Jäger freut sich nun auf die Masters-Teilnahme
Neben den 1,638 Millionen US-Dollar Preisgeld (rund 1,517 Millionen Euro) gab es für Jäger einen großen Kristallglas-Pokal – und das Startrecht für das Masters in Augusta. «Das ist ein Traum von mir seit langer Zeit», berichtete der 34-Jährige. Er habe schon mehrfach Gelegenheiten gehabt, auf dem Kurs zu spielen, bislang aber immer verzichtet. «Ich habe immer gesagt, ich gehe da nicht hin außer für das Masters. Ich freue mich sehr.» Nun wolle er aber prüfen, ob er zur Vorbereitung Trainingsrunden im US-Bundesstaat Georgia spielen könne.
Scheffler verpasste durch das Missgeschick zum Schluss den dritten Turniersieg in Serie. Das war seit sieben Jahren keinem Golfer auf der PGA-Tour mehr gelungen. «Ich bin natürlich etwas enttäuscht jetzt. Ich habe das einfach falsch gelesen, ich weiß nicht warum», sagte er. Scheffler gratulierte Jäger aber sofort und auch die Ehefrauen der beiden Sportler tauschten vor dem Clubhaus auf dem Memorial Park Golf Course Glückwünsche aus.
Jäger wechselte als Teenager zum Golfspielen an eine amerikanische Highschool in Tennessee, in dem US-Bundesstaat lebt er noch heute. Sein Deutsch ist weiter fließend, hat inzwischen aber einen hörbaren amerikanischen Zungenschlag. Seinen Namen sprechen die Amerikaner so aus, dass es klingt wie «Steven».
Frau und Sohn «die beiden wichtigsten Menschen»
Trotz zweier geteilter dritter Plätze in diesem Jahr hatte sich der große Erfolg zuletzt nicht angekündigt. Beim The Players Championship vor zwei Wochen scheiterte Jäger am Cut. «Ich war mental einfach fertig nach den Players. Das war meine vierte Woche auf harten Plätzen. Ich brauchte einfach eine Pause und ein paar Tage weg vom Golf», berichtete er nun. Eine Woche lang rührte er seine Golfschläger nicht an – und zog mit der Familie in ein neues Haus.
Seine Frau Shelby, mit der er seit 2015 liiert ist, sei durch alle Höhen und Tiefen mit ihm gegangen. «Mein Sohn ist 16 Monate alt. Meine Frau ist deutlich länger an meiner Seite. Sie hat das Schlimmste gesehen und die Siege auf der Korn Ferry Tour. Mit den beiden wichtigsten Menschen meines Lebens feiern zu können, ist großartig», sagte Jäger. «Ich hoffe, ich schaffe das nochmal, wenn er in einem Alter ist und sich erinnern kann.»